Lluc, ein maurischer Hirtenjunge von christlichem Glauben, spielt an einem Nachmittag am Ufer eines Baches. Dabei entdeckt er, zwischen Felsen verborgen, eine Marienstatue aus dunklem Stein. Aufgeregt trägt er die Figur in die nächste Pfarrkirche, wo die Bewohner des Ortes zusammenkommen, um sie zu verehren. Doch die Maria war verschwunden – man fand sie an ihrer ursprünglichen Fundstelle am Bach. So entschlossen sich die Dorfbewohner, ihr an dieser Stelle eine Kapelle zu errichten. So lautet die Gründungslegende des ehrwürdigen Santuari de Santa Maria de Lluc, einem Wallfahrtsort im Gebirge der Serra de Tramuntana im Nordwesten der Insel Mallorca.
Zwischen riesigen Berggipfeln und einem idyllischen Sturzbach, dem Torrent de Lluc, thront das inzwischen zur mächtigen Anlage herangewachsene Heiligtum auf einer Höhe von 525 Metern über dem Meeresspiegel. Es gilt als das spirituelle Zentrum der Baleareninsel und obwohl die Anlage häufig als Kloster bezeichnet wird, bedeutet Santuari tatsächlich „Heiligtum“ und ist von Monestir, dem Kloster, zu unterscheiden. Hier wohnen nicht etwa Mönche in idyllischer Abgeschiedenheit, die Anlage ist ein weltbekannter Pilgerort, der von Patres verwaltet wird.
Sie ist an den Fernwanderweg GR 221 angeschlossen, der sie mit dem 34 Kilometer entfernten Palma de Mallorca verbindet. Jahr für Jahr finden unzählige Pilger ihren Weg hinauf in das Santuari, um dort die Schutzheilige Mallorcas Mare de Déu de Lluc in Form der schwarzen Madonnenstatue zu verehren. Die ursprüngliche Statue aus der Gründungslegende verschwand bereits im Mittelalter, heute beten die Gläubigen zu einer Figur, die 1520 in Belgien gefertigt wurde. Bekannt ist das Santuari außerdem für seinen Knabenchor els Blauets, der regelmäßig Konzerte gibt und sich aus Schülern des angegliederten Gymnasiums zusammensetzt.
Tipp der Redaktion: Für Wanderer und Radfahrer stellt das Kloster Lluc günstige Gästezimmer zur Verfügung. Es ist ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen im Tramuntanagebirge, denn mehrere Wege führen vom Santuari in die Berge. Informationen zu den Wanderwegen erhalten Sie im angegliederten Informationsbüro für das Gebirge Tramuntana, die Mitarbeiter sind sehr hilfsbereit und sprechen gut Englisch.
Entgegen der Legende vermuten Historiker, dass bereits in frühgeschichtlicher Zeit an der Stelle der heutigen Anlage ein Heiligtum bestand. Ganz in der Nähe fand man Grabhöhlen aus dem 4. Jahrhundert vor Christus. Die erste christliche Kapelle aber wurde tatsächlich im Jahr 1230 errichtet und Ende des 14. Jahrhunderts der Pilgerweg von Inca nach Lluc ausgebaut. 1622 begannen schließlich die Arbeiten am heutigen Kirchenbau, der Hochaltar wurde 1684 eingeweiht. Anfang des 20. Jahrhunderts ergänzten nach den Anregungen Antoni Gaudís Elemente des Neobarock das Innere der Kirche.
Das Hauptgebäude des Santuari besteht aus mehreren Flügeln, die neben der Wallfahrtskirche das Gymnasium, das Museum, die Herberge sowie die Gemeindeverwaltung von Escorca beherbergen. Der Grundriss der Kirche von Lluc gestaltet sich in Form eines lateinischen Kreuzes. Vom zentralen Kirchenschiff mit Tonnengewölbe zweigen an beiden Seiten je drei Kapellen ab. Zentrum des Kirchenbaus bildet die reich verzierte Kuppel, über die das Tageslicht eindringt und die Gemälde der zwölf Apostel erleuchtet. Der gesamte Innenraum ist mit goldenen Ornamenten im barocken Stil geschmückt, dazu kommen zahlreiche Gemälde und Bildnisse von Heiligen.
Die hintere Seitenkapelle verbirgt den Schatz des Heiligtums, die Statue der Mare de Déu de Lluc, und bietet Platz für die betenden Pilger. Mit dem Jesuskind auf ihrem linken Arm deutet die Gottesmutter aus dunklem Stein mit ihrer Rechten auf das Kind, das wiederum ein geöffnetes Buch in den Armen hält. Auf seinen Seiten sind die Buchstaben Alpha und Omega zu lesen.
Im ersten Geschoss des Hauptgebäudes ist ein Museum untergebracht, das Fundstücke aus der talaiotischen Epoche ausstellt, gepaart mit liturgischen Gegenständen, religiösen Gewändern und mittelalterlichen Bildnissen. Oberhalb seiner westlichen Außenwand prangt eine kunstvolle Sonnenuhr mit fünf Ziffernblättern. Neben der Ortszeit und der mitteleuropäischen Zeit zeigt diese auch die babylonischen Stunden sowie die Gebetszeiten für Mönche und Pilger an.
Im Nordosten schmiegt sich der Jardín Botánico de Lluc, ein kleiner botanischer Garten, an die Klosteranlage. Ein toller Blick auf das Kloster selbst sowie auf die umliegenden Täler eröffnet sich vom Hügel hinter dem Kloster. Mittlerweile tummeln sich rund um das Santuari einige touristische Einrichtungen. So finden sich in den ehemaligen Herbergszellen für Pilger heute Gästezimmer und Apartments, im Südosten wurde zudem ein Campingplatz eingerichtet. Mit den Besucherströmen hielt auch die Gastronomie Einzug in die abgelegene Anlage. Als kostengünstiger Tipp gilt das Café la Placa, das neben Kaffee auch kleine Speisen serviert.
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